Weshalb Gold nicht immer glänzt – Open Access ohne Probleme

Ein Artikel im «Guardian» beleuchtet Mythen, die sich um das Publizieren unter Open Access ranken. Noch immer wird etwa der «goldene» Weg über reine Open Access Journals fälschlicherweise als der einzig mögliche angesehen, um wissenschaftliche Texte allen zugänglich zu machen. Dabei gibt es andere und einfachere Wege («green road»), die zudem das Publizieren in Top-Journals in keiner Weise tangieren.


Im Text nimmt Peter Suber, der Direktor des Harvard Office for Scholarly Communication, weiter die sogenannten «author fees» genauer unter die Lupe: Diese auch als Article Processing Charges (APCs) bezeichneten Kosten werden weit häufiger bei traditionellen (Closed Access- bzw. Abonnements-)Zeitschriften mit Peer-Review bezahlt als – wie gemeinhin gerne angenommen – bei Open Access Journals, die ebenfalls peer-reviewed werden. In den meisten Fällen bezahlt die Autorin oder der Autor bei OA-Journals nichts.
Diese Feststellung ist insofern bemerkenswert, als sie der These widerspricht, die lautet: «Wenn der Autor für Open Access bezahlt, dann korrumpiert dies das Peer-Review-Verfahren und damit die Qualität einer Zeitschrift.» Dies müsste dann also auch auf Nicht-Open-Access-Zeitschriften zutreffen, noch dazu in einem weit höheren Ausmass, da dort «author fees» verbreiteter ist.

«Academic Publishing is broken»

Pikanterweise bezahlen Publikationsfonds noch immer Druck-(!)-zuschüsse für akzeptierte Zeitschriftenbeiträge, zum Beispiel für Farbgrafiken. Dies sogar dann, wenn dieselbe Institution die Zeitschrift nur in elektronischer Form abonniert hat. Eine Forschungsinstitution bezahlt in diesem Fall also mindestens zweimal: Einmal den Abonnementspreis (für die elektronische Fassung) und das zweite Mal für eine Publikation eines Forschenden, damit dessen Artikel auch in der Zeitschrift (gedruckt!) erscheint. Ganz zu schweigen davon, dass die Institution ihre Forschenden bezahlt, welche ja die Autoren des Artikels sind.

Wie der Leiter der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich, Bernhard Mittermaier, die aktuelle Situation einschätzt, erläuterte er unterhaltsam und anschaulich an den diesjährigen Open Access Tagen, die anfangs Oktober in Hamburg stattfanden (mit Bezug auf Druckkosten besonders ab 49m45s; das deutsche Forschungszentrum Jülich ist eine der grössten europäischen Forschungseinrichtungen.)

Die Situation in den Wirtschaftswissenschaften, insbesondere in der Volkswirtschaft, führte Justus Haucap von der Universität Düsseldorf an derselben Veranstaltungn vor Augen. Er erläuterte den Markt für wissenschaftliche Publikationen in seiner Eröffnungskeynote mit dem Titel «Wie neue Informations- und Kommunikationstechnologien das wissenschaftliche Publikationswesen verändern (werden)».

Für Wirtschaftswissenschafter zählt vor allem das Publizieren in einem Top-Journal, denn man schloss bisher aus der Bedeutung der Zeitschrift (hoch) auf die Relevanz des Artikels (vermutlich auch hoch). Tatsächlich findet man aber bei allen Journalen einen hohen Konzentrationsindex: Wenige Artikel weisen eine hohe Anzahl von Zitationen auf (= hoher Marktanteil), die meisten Artikel werden hingegen nie oder wenig zitiert (= geringer Marktanteil). Dies trifft auch auf Top-Zeitschriften zu. Insofern ist der Zusammenhang zwischen Artikel-Qualität und Zeitschriftenrenommee sehr schwach.

Marktbeherrschende Stellung von Top-Journals trotz besserer Möglichkeiten

Dank neuen statistischen Auswertungsmöglichkeiten (Scopus, Web of Science, auch Google Scholar) werde aber bei Berufungen immer häufiger nicht mehr auf das Journalranking zurückgegriffen, sondern auf die individuelle Anzahl von Zitationen eines Bewerbers (h-Index). Besser sei es da, ein Artikel in einer weniger wichtigen Zeitschrift werde häufig zitiert, als dass eine Publikation in einem Top-Journal unbeachtet bleibe bzw. nie zitiert werde, so Haucap. Insofern biete Open Access neue Chancen für junge Forschende, vorausgesetzt, dass Open Access Publikationen tatsächlich öfter zitiert werden als andere in Closed Access Zeitschriften.

Dieser Mechanismus liegt vielleicht auch dem Vorab-Publizieren auf Fachrepositorien wie RePEc oder SSRN zugrunde: Die meisten Working Papers in der Ökonomie sind bereits heute dort Open Access zugänglich («grau»). Zudem finden sich auf den individuellen Homepages der Top-Forscher nicht selten alle deren Publikationen frei zugänglich zum Download, oft unter Umgehung von Copyright Fragen, wie Justus Haucap vermutet.

Das ganze Programm der 7. Open Access Tage mit Verweisen auf die weiteren Videos und Folien finden Sie unter http://open-access.net/de/aktivitaeten/open_access_tage/programm/

Nächstes Jahr finden die Open Access Tage übrigens am 8. und 9. September in Köln statt und wie die OrganisatorInnen meinen: «Mer freue uns op Euch!»

Ruedi Lindegger Twitter

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